Multitalent Angela Ascher

„Comedy musst du ganz ernsthaft spielen“

Eine Zeitung in Norddeutschland beschrieb Angela Ascher vor rund zehn Jahren mal als „die schöne Bayerin aus dem Tatort“ und als „Barock- Barbarella“ (gut, auf solche Ideen kann man auch nur als Redaktion in Norddeutschland kommen). Tatsächlich aber ist sie nicht nur die schöne Bayerin, sondern ein echtes Multitalent: Theater, Serie, Krimi, Singspiel am Nockherberg. Und jetzt kommt noch etwas dazu: Comedy.

Text: Christian Jakubetz

Schauspielerin Angela Ascher auf Tour

Eine Frau liebt sich selbst, ist aber keine Narzisstin. Wie das geht? Diese und andere Fragen beantwortet Angela Ascher in ihrem Programm (und in diesem Interview).
Foto: : Frank Lübke

Noch ein paar Tage bis zum Tourstart mit dem ersten eigenen Comedy-Programm, Angela Ascher ist in einem Zustand zwischen der Anspannung, die die Momente des letzten Feinschliffs nun mal so mit sich bringen – und einer dann doch wieder erstaunlichen Gelassenheit. Wenn man Künstler in dieser Phase erwischt, können Gespräche schon mal anstrengend werden. Angela Ascher hingegen: lacht viel, wirkt tiefenentspannt und ist zudem die erste Gesprächspartnerin dieser Reihe, die zum vereinbarten Interview zu früh erscheint. Außerdem fragt man sich, ob Angela Ascher das überhaupt jemals sein könnte: unfreundlich.

Wenn man sich anschaut, was Sie im Laufe ihres Lebens alles gespielt und gemacht haben, dann findet man eine lange Liste, von der Serie über Tatort. Jetzt machen Sie auch noch Kabarett. Das führt erst mal zu einer einfachen Frage: Warum?
(lacht) Ich mache Comedy und kein Kabarett. Das ist schon ein kleiner Unterschied.

Das ist ein Unterschied, ja.
Ein kleiner, aber feiner Unterschied. Ich habe in den letzten Jahren ja zunehmend mehr komödiantische Rollen gespielt. Ich bin dann auch öfter angesprochen worden, ob ich nicht Lust hätte, so was zu machen. Ich hätte das gerne schon ein paar Jahre früher gemacht. Aber dann kam Corona. Deswegen erst jetzt.

Sie haben das Programm komplett selbst geschrieben. Wie macht man das? Warten Sie auf eine Eingebung, dass Sie lustig sind, oder ist das so ein Dienstplan: 9 bis 10 Uhr lustig sein?
Da darf man sich nicht unter Druck setzen. Ich überlege mir immer, was will ich überhaupt erzählen. Also, welche Themen interessieren mich auch. Und man kann ja jedes Glas halb voll oder halb leer sehen. Zum Beispiel Kinder. Ich habe zu Hause zwei pubertierende Töchter.

Das ist doch schon genug Stoff für eine Komödie, oder?
Ja, aber natürlich geht es nicht nur um Kinder. Ein kleiner Teil ist schon drin.

Und der Rest des Programms?
Das Programm heißt ja „Verdammt, ich lieb‘ mich“. Es geht mehr um Selbstliebe als um Narzissmus. Ich behandle erst mal das Leben einer Mittvierzigerin, einer Frau, die durch viele Höhen und Tiefen gegangen ist und trotzdem versucht, eine starke Frau zu sein, die aber aus einem sehr bayerischen Patriarchat kommt. Sympathisch, nett, aber eben ein Patriarchat. Und wie man da trotzdem eine starke Frau wird. Keiner steht vor dem Spiegel und denkt sich, ich will so bleiben, wie ich bin. Das ist ein Riesen-Theater, das wir da machen. Von daher finde ich, dass es eine riesige Errungenschaft ist, wenn man irgendwann dasteht und hin und wieder Stunden hat oder hin und wieder Tage hat, wo man sagt, verdammt, ich lieb mich. Und das ist das All-Over-Thema in meinem Programm.

Angela Ascher hat viele Gesichter

Ab und an geht Angela Ascher den kulinarischen Extravaganzen des bayerischen Märchenkönigs auf den Grund.
Foto: BR/megaherz gmbh/Annika Munz

Was finden Sie eigentlich lustig? Worüber können Sie lachen?
Ich kann unglaublich viel über Harry G. lachen. Und ich kann über den Alltag sehr, sehr lachen. Und da suche ich auch meine humoristischen Momente. Beispielsweise, wenn man mit den Freundinnen ausgeht und ein Typ macht eine Frau an und blamiert sich bis zum Geht-nicht-mehr. Darüber kann ich lachen. Ich kann über diese ganzen Lifestylethemen ohne Ende lachen – was im Internet passiert, was auf Social Media passiert, wie sich manche Influencer produzieren.

Wenn Sie logischerweise auch im Rampenlicht stehen, kommen sie nicht umhin, auch in den sozialen Medien präsent zu sein. Was machen Sie dann auf Social Media?
Ich poste in Maßen. Man muss auch ehrlich sein. Man will ja teilen, was man erlebt. Ich versuche auch lustige Sachen zu posten. Immer mal wieder einen Sketch oder Sachen, die ich in meinen Sendungen habe.

Ich habe mal die Geschichte gehört, dass Helmut Fischer, der Monaco Franze, der ewige Stenz in München, dass der einen unerfüllten Traum hatte. Er hätte sehr gerne einmal den Hamlet gespielt. Gibt es bei Ihnen auch Phasen, in denen Sie gerne Shakespeare spielen würden? Oder eine knallharte Kommissarin oder mal was ganz Ernstes?
Ja, das mache ich ja ohnehin immer mal wieder. Es ist eine schöne Abwechslung, das auch so zu machen. Aber es ist leichter. Es ist leichter als Comedy.

Das müssen Sie jetzt erklären. Warum ist es leichter, „ernste“ Sachen zu spielen als Comedy?
Nehmen wir mal an: Ich bin jetzt nicht die Kommissarin, sondern ich habe jemanden umgebracht. Und die kommen und wollen mich verhören. Dann ist in dieser Szene das Ziel, dass die mich für unschuldig halten. In der Comedy musst du die gleichen Sachen können, aber du musst es lustig machen. Das heißt, du musst noch eine Ebene drauflegen. Eine Komödie, bei der keine Ernsthaftigkeit drunter ist, ist auch nichts. Dann ist es Klamauk. Dann haben wir das, was uns oft nervt, wenn Leute so blöd lustig sind. Komödie musst du ganz ernsthaft spielen.

Passiert es auch, dass man vor einem Bühnenauftritt steht, aber sich denkt: Eigentlich habe ich heute gar keine Lust, irgendwas Lustiges zu erzählen. Und wenn ja, was macht man dann? Kann man dann so umschalten und sagen, jetzt wird es lustig?
Das kommt schon vor. Aber wenn du auf der Bühne bist, hast du die Leute vor dir. Wenn du die Leute vor dir hast, dann läuft es meistens schon, wenn sie anfangen zu lachen und dann bist du drin. Aber oft ist es wirklich so, dass man auch davor einfach nur nervös ist. Zum Beispiel am Nockherberg, da will man sich eigentlich am liebsten verstecken. Aber man hat sich ja vorbereitet. Und wenn du dann auf die Bühne gehst und du hast ein Rampensau-Gen, dann funktioniert das meistens ganz gut.

Haben Sie ein Rampensau-Gen?
Ja klar, sonst würde ich das alles nicht machen.

Und was genau ist dann ein solches Rampensau-Gen?
Ich könnte nie einen Bungee-Sprung machen, nie im Leben – und wenn mir jemand eine Million geben würde, dann könnte ich das nicht. Aber ich habe kein Problem mich vor 2000 Leute zu stellen und was zu machen.

Wann haben Sie es gemerkt, dieses Gen in sich zu haben?
Wir hatten eine tolle Schulspielgruppe am Gymnasium Dorfen. Da habe ich mitgemacht. Und wenn man dann immer die größten Rollen haben will und die, wo man sich am meisten ausleben kann, spätestens da habe ich das gemerkt. Oder auch im Unterricht, ich habe immer gerne Gedichte aufgesagt. Ich habe auch viel Musik gemacht, ich habe Gitarre gelernt und Klavier. Ich konnte das irgendwie, aber das war keine besondere Begabung von mir. Beim Theater war das immer so, dass es mir Spaß gemacht hat. Genauso bei der Comedy: Ich stehe einfach gerne da und erzähle Geschichten.

Eine von vielen Facetten ihrer Frauengesichter: rotgelockt bei den Fraueng’schichten.
Foto: BR/Constantin Entertainement

Ihr Vater war Hauptschullehrer. Wie oft hat er gesagt: Mach was Anständiges, aber nicht Schauspielerin?
Meine Eltern fanden das nicht so toll. Auf keinen Fall. Aber dann haben sie gemerkt, dass sie mich nicht aufhalten können. Spätestens dann, als Nockherberg war, hat sich das alles gedreht. Und jetzt finden die das toll. Es ist ja auch ein schwieriger Beruf, wo nur wenige ihre Miete damit verdienen können. Deswegen hatten sie einfach Angst, das ist verständlich.

Vielleicht haben Sie neben dem Rampensau-Gen auch ein kleines Dickkopf-Gen. Oder ein selbstbewusstes Gen. Ich meine, so eine Karriere kann ja auch komplett schief gehen.
Ja, oder es gibt Zeiten, in denen nicht so viel passiert. Bei mir war auch mal eine Zeit, nachdem ich meine Kinder bekommen habe, da habe ich erst mal Sachen abgesagt. Und dann war erst mal ein, zwei Jahre nichts los.

Paul McCartney hat unlängst in einem Interview gesagt, er habe immer noch Angst, dass der Funke in einem Konzert nicht überspringt. Kommt das auch mal vor, dass sie rausgehen, sagen, das ist jetzt der Brüller-Joke, und dann sitzen die Leute da und keiner lacht?
Also dieses Gefühl von Paul McCartney, dass man jedes Mal hofft, dass der Funke überspringt – das ist jedes Mal da. Und der Funke muss, das ist ganz wichtig, ganz schnell überspringen. Wenn er die ersten drei Minuten nicht überspringt, dann ist es sehr schwierig für den Rest des Abends. Deswegen muss man so ein Programm so aufbauen, dass es von Anfang an funktioniert. Das sind viele Faktoren, die da zusammenkommen.

Welche beispielsweise?
Ich weiß zum Beispiel, dass die Leute mich mögen müssen, damit sie die ganzen Witze mitmachen, wenn ich links und rechts austeile. Wenn es nicht klappt, das trifft einen natürlich. Und dann geht es wieder in die Analyse. Ist der Witz zu schlecht? Im Notfall wird er weggeworfen, wenn keiner lacht.

Ich habe schon von mehreren Autoren gehört, dass sie Jokes irgendwann weggeworfen haben. Weil sie ihn selbst vielleicht gut fanden, er aber nie gezündet hat.
Ja, bei mir fängt es jetzt erst an mit dem Tourstart. Da hat man sehr viel Stoff  und den dampft man dann ein. Und dann hat man natürlich auch die Land- und Stadtwitze.

Was ist ein Stadtwitz und was ist ein Landwitz? Und warum gibt es da Unterschiede?
Stadt-Jokes gehen beispielsweise über Bowles. Das sind eher so Lifestyle-Themen. Und auf dem Land werden oft so bayerische Witze mit Bier und Dekolleté gemacht.

Gibt es etwas, was Sie am Tegernsee amüsiert?
Ich kann nur schöne Dinge sagen. Aber als ich das erste Mal am Tegernsee war, da bin ich, ich weiß nicht mehr, über diese Straße aus München rausgefahren oder von wo auch immer, da bin ich runtergefahren und habe zum ersten Mal diesen Tegernsee vor mir gesehen. Das war so … so, so, so schön. Und das ist es immer noch!

Angela Ascher, „Verdammt, ich lieb‘ mich“
30. November
Ludwig-Thoma-Saal
Rosenstraße 5

Schauspielerin Angel Ascher

Jetzt auch solo als Comedienne unterwegs: Angela Aschers aktuelles Tour-Motiv “Verdammt, ich lieb’ mich”
Foto: Frank Lübke

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