Conny und die Sonntagsfahrer
Schubiduu!
Liebeskummer lohnt sich nicht, weil, my Darling, dein Herz morgen darüber lacht; zwei kleine Italiener sind unterwegs, die genau wis- sen, was dir fehlt: willkommen in den 50er-Jahren, bei deren Musik und damit, zumindest im Jahr 2023 im deutschsprachigen Raum, fast zwangsläufig bei „Conny und die Sonntagsfahrer“. Warum die 50er so großartig waren und welche Songs die Fans am Tegernsee erwarten dürfen, erzählt Leadsängerin „Conny“ im Seeseiten-Gespräch.
Interview: Christian Jakubetz
„Für mich sind es die Schlager der 50er- und 60er-Jahre, die mein Herz rühren”, sagt Andrea Graf, alias Conny.
Foto: Stefan Vetter
Eine Illusion müssen wir Ihnen allerdings gleich nehmen. Weder heißt der Freddy in der Band Freddy, noch der Peter Peter. Und der Alexander ist, Sie ahnen es, auch nicht echt. „Conny“ heißt in Wirklichkeit Andrea Graf und sie sitzt einem im Interview auch nicht im Petticoat gegenüber. Stattdessen erwartet einen eine aufgeräumte 42-Jährige im Sweatshirt, die daheim auch mal gerne bei Songs von Nirvana lauter dreht und durchs Wohnzimmer tanzt.
Andrea, wichtigste Frage vorweg: Rede ich jetzt eigentlich mit Andrea oder mit der „Conny“?
(lacht) Im Ernst, ich höre inzwischen auf beide Namen. Wenn jemand „Conny“ ruft, reagiere ich. Aber jetzt im Moment würde ich schon eher sagen, dass du dich mit der Andrea unterhältst.
Gut, dann wäre das geklärt. Grundsätzlich gefragt: Du bist von einem Alter weit entfernt, in dem du die 50er noch live mitbekommen hättest. Wie bist du denn darauf gekommen, Musik aus dieser Zeit zu covern?
Ich habe das schon als Kind geliebt. Die ganzen Filme, die Musik, die Mode. Die Filme habe ich mir immer angeschaut und damals war es tatsächlich auch noch so, dass im Radio zum Teil diese Musik gespielt wurde.
Deine Vorliebe hat viel mit Nostalgie und Kindheitserinnerungen zu tun?
(lacht) Ja, das kann man schon so sagen.
Wenn ich mal ganz uncharmant zurückrechne, würde ich sagen, deine eigentliche musikalische Sozialisation hätte eher in anderen Jahrzehnten stattfinden müssen, späte 80er oder dann die 90er. Konntest du mit der Musik dieser Jahrzehnte nicht so viel anfangen oder bist du quasi parallel gefahren?
Letzteres, genau! Natürlich habe ich damals alles mitgemacht, was man halt so als Teenie hört. Ich habe nicht grundsätzlich nur deutsche Schlager gehört, aber ich habe einen Zugang dazu gehabt. Das war mir immer sehr sympathisch.
Und wie hast du dann gemerkt, dass du in der Hinsicht etwas anders bist als der typische Teenie?
Ich habe schon in der Grundschule und dem Kindergarten immer gesungen. Da bieten sich halt diese Schlager einfach an. Und ich habe damals am Kassettenrekorder die Lieder aufgenommen. Mit meiner besten Freundin habe ich dann angefangen, zweistimmig zu singen. Und da waren diese Lieder irgendwie immer präsent.
Das war aber eine sehr frühe Liebe zu Schlagern.
Ja, aber trotz allem habe ich natürlich auch was anderes gehört.
Zum Beispiel?
Meine erste CD, die ich gekauft habe, war von „Salt’n’Pepa“, also ganz was anderes.
Was waren denn die weiteren Einflüsse?
Diese ganzen Boybands in den 90ern, das war nicht so meins. Aber Tic Tac Toe zum Beispiel, die habe ich geliebt und alles auswendig gekannt. Und Nirvana, die fand ich cool.
Also, zwischen Nirvana und Connie Francis, da liegt doch ein bisschen was dazwischen. War das nur eine Teeniephase und ist heute vorbei?
Ich finde Nirvana nach wie vor cool. Wenn ich die höre, kann es schon sein, dass ich mal lauter drehe und im Wohnzimmer herumspringe. Aber trotzdem bin ich musikalisch sehr offen. Und es ist auch gut so, wenn man die ganze Zeit Schlager macht, dass man dann mal ganz was anderes hört.
Wie ist dann dein Verhältnis zum Schlager von heute? Magst du eher die gute alte Zeit mit Connie Francis oder stehst du genauso auf, sagen wir, Helene Fischer und Andrea Berg?
Ich find es schon toll, was die beiden machen. Und auch, dass die deutsche Musik an sich ein solches Revival hat, finde ich gut. Aber für mich sind es die Schlager der 50er- und 60er-Jahre, die mein Herz rühren.
Warum genau, was war da anders?
Da war einfach mehr Leichtigkeit. Es ist nicht überladen mit Schlagzeug oder Pyro oder was halt jetzt alles in diesen Schlagern drinnen ist, sondern es hat einfach Charme.
Hast du ein besonderes Verhältnis zum Thema Heimat? Du warst ja mal mit dem „Watzmann“ unterwegs und hast da eine Rolle gespielt bzw. gesungen. Auch wenn der Watzmann eher einen ironischen Zugang zur Heimat hat: Ist es ein Thema, das dir gefällt? Oder war es einfach Zufall?
Heimat habe ich tatsächlich erst schätzen gelernt, als ich weg war. Ich war ja nicht daheim, habe u. a. in Hamburg studiert. Da hat es mir schon sehr gut gefallen, aber trotzdem: Ich lebe jetzt in Salzburg und ich mag, dass man eben gleich in den Bergen ist, dass man gleich einen See vor der Haustür hat. Ich habe das erst mit der Zeit schätzen gelernt. Ich bin am Mondsee aufgewachsen. Da sagen viele: See und Berge, toll! Aber wenn man so was immer vor der Haustür hat, dann ist das einfach Normalität. Später realisiert man dann erst, wie schön das ist.
Vielleicht bist du auch einfach sehr vielseitig, Hamburg und Salzburg liegen ungefähr so weit auseinander wie Connie Francis und Kurt Cobain, oder?
(lacht) Genau.
Geschichten vom Liebeskummer, Seemännern und kleinen Italienern: Andrea „Conny“ Graf und ihre Truppe sorgen für 50er-Jahre-Feeling.
Foto: Stefan Vetter
Hast du dann auch einen Zugang zu klassischer Volksmusik?
Ja, schon. Damit bin ich mehr oder weniger aufgewachsen. Gut gemachte Volksmusik finde ich super. Auf der letzten CD von Hubert von Goisern habe ich auch im Background gesungen, das hat viel Spaß gemacht. Und das Jodeln würde ich auch gerne mal lernen.
Dann hättest du ja mit dem Hubert von Goisern einen guten Lehrer gehabt, oder?
Der hat mir einige Geschichten erzählt, wie er das Jodeln gelernt hat. Aber da haben wir zu wenig Zeit gehabt, dass er mir das auch noch beigebracht hätte.
Wo verläuft für dich die Grenze zwischen, sagen wir mal nett, schön, bodenständig, heimatverbunden – und Kitsch?
Es hängt alles an der Authentizität. Man spürt sofort, wenn etwas echt ist. Bei den großen Schlagerstars ist alles so perfekt. Überperfekt! Ich habe das Gefühl, dass in den alten Schlagern das Echte einfach drinnen ist, dass es da wirklich ans Herz geht. Auch wenn es so vermeintlich einfach aussieht.
Ist es aber gar nicht, nehme ich an. Gerade das Leichte kann ganz schön schwer sein.
Stimmt, wenn man versucht, beispielsweise diese Sache aus den 50ern nachzuspielen, merkt man, dass das wirklich nicht so leicht ist. Im Gegenteil.
Komplexität durch Reduktion sozusagen?
Genau. Und darum geht‘s, dass man einfach Geschichten erzählt. Man will als Künstler ja was rüberbringen. Wir covern unsere Titel zwar nur und spielen keine Eigenkompositionen. Aber wir nehmen es alle vier in der Band sehr ernst. Manche Sachen machst du vielleicht mit einem gewissen Augenzwinkern. Und ich glaube, das ist der Grund, warum wir immer noch da sind und warum so viele Menschen sagen, es habe sie einfach berührt, was wir machen.
Menschen berühren, ist es das, was ihr wollt?
Ja, es ist einfach schön, wenn wir mit unserer Musik Leute unterhalten, aber eben auch zu Tränen rühren. Und das geht halt mit diesen alten Schlagern sehr gut. Oft werden Erinnerungen geweckt, dann wird das schon mal emotional. Gerade, wenn wir auch mal kleinere Veranstaltungen spielen. Da ist die erste Reihe unmittelbar vor uns und da bekommst du dann mit, wie die Taschentücher gezückt werden. Ja, das ist echt. Ja, das ist sehr berührend. Und ja, die Menschen sagen dir dann, sie haben sich einfach zurückversetzt gefühlt oder mal für zwei Stunden den Alltag vergessen. Der kommt eh von allein wieder.
Ihre erste CD war von „Salt’n’Pepa und heute mag Andrea Graf auch Nirvana noch gern.
Foto: Stefan Vetter
Ihr lebt also stark auch von den Erinnerungen, die die Menschen nicht nur mit der Musik, sondern auch mit der damaligen Zeit verbinden?
Genau. Aber uns wurde auch schon geraten, „moderner“ zu klingen, so mit Schlagzeug und Beat darunter. Aber wir haben bewusst „nein“ gesagt. Wir bleiben auch mit unserem Bühnenbild sehr reduziert. Lieber möchten wir die Fantasie des Publikums bewusst anregen. Dann stellen wir eben einfach mal vier Stühle hin und sagen dann: Das ist ein DKW-Junior, Baujahr 1958. Und wir sehen den dann und auf einmal sieht auch das Publikum den DKW, obwohl nur vier schwarze Stühle dastehen. Das ist viel schöner als Pyro.
Aber es wäre vermutlich ein Trugschluss, dass bei euch nur lauter Senioren im Publikum sitzen, oder?
Ja, weil wir oft drei Generationen im Publikum haben. Da geht oft die Mutter mit ihrer Mutter ins Konzert und nimmt die Tochter mit. Dann haben wir Tochter, Mutter, Oma. Wir sehen jetzt immer mehr, dass den Jungen das auch gefällt. Die kennen die Lieder nicht, vielleicht ein oder zwei, singen aber trotzdem mit. Aber klar, unser Hauptpublikum ist so ab 50 aufwärts. Und natürlich Senioren, die wirklich diese Zeit miterlebt haben.
Kann dein persönlicher Bezug zu dieser Zeit und auch euer Erfolg damit zu tun haben, dass man irgendwie meint, dass dieses „damals“ bessere, einfachere und schönere Zeiten waren?
Das müsste man jemanden fragen, der wirklich diese Zeit miterlebt hat. Da möchte ich mir kein Urteil erlauben. Aber sagen wir mal so: Ich hätte als Frau nicht in den 50ern leben wollen. Die damalige Mode finde ich allerdings sehr schön, wobei ich das privat eher nicht trage.
Also du läufst nicht mit dem Petticoat durch Salzburg …
Das nicht. Aber es gefällt mir sehr, wenn ich die Kleider für die Bühne anziehe. Ich schaue auch, dass ich immer Originalkleider trage. Man fühlt sich dann tatsächlich anders. Also, wie gesagt, damals leben wollen hätte ich nicht, aber vielleicht mal kurz ein bisschen reinspringen mit einer Zeitmaschine.
Ist dann die Conny eine Rolle, die du einfach spielst? Oder doch ein bisschen auch so ein Alter Ego?
Die Conny ist so eine quirlige, freche, lustige Figur an. Und ich glaube, da muss ich mich nicht so viel verstellen, um das gut rüberzubringen.
Warum eigentlich der Name Conny? Als Referenz für Connie Francis, Conni Froebess – oder hat es sich einfach gut angehört?
Letzteres. Conny und die Sonntags- fahrer klang einfach perfekt für uns. Und wir haben ja alle Bühnennamen als Anspielungen auf diese Zeit. Wir haben den Peter dabei, wir haben den Alexander dabei, wir haben den Freddy und eben die Conny.
Fühlt ihr euch als Musiker gelegentlich unterschätzt, nach dem Motto: Das ist ja „nur“ Schlager? Oder gibt es schon ausreichend Wertschätzung für das, was ihr macht?
Also, ich wüsste es nicht. Oder es hat sich noch nie jemand getraut, uns das ins Gesicht zu sagen (lacht).
Bisher spielt ihr ausschließlich Cover-Versionen. Könntest du dir vorstellen, dass ihr irgendwann mal auch eigene Kompositionen macht?
Die Frage haben wir uns auch immer wieder mal gestellt. Es ist aber echt schwierig, diesen Sound zu imitieren. Sagen wir mal so: Ich halte es nicht für ausgeschlossen. Andererseits ist es das bewusste Zurückerinnern, das, was unsere Shows mit ausmacht. Diese Lieder, die haben nun mal einfach ihre Zeit gehabt.
Sind Conny und die Sonntagsfahrer dann ein zeitlich limitiertes Projekt? Irgendwann habt ihr ja jeden guten Song aus dieser Zeit gecovert. Hättest du schon Pläne für eine Zeit danach?
Momentan haben wir eher das Gefühl, dass wir gerade mitten drinnen stecken. Es ist jetzt noch nicht so, dass ein Ende in Sicht wäre. Es gibt immer noch so viele gute Songs, auf die wir stoßen und die wir bisher noch gar nicht gemacht haben. Und dann die ganzen Klassiker, die hört man ja im- mer gerne.
Aber die kann man ja nicht ewig spielen, oder?
Diese Klassiker haben wir in unsere Programme fest eingebaut, weil sie das Publikum fast erwartet. Dazu kommt: Die letzten beiden Jahre waren für uns und fast alle anderen Musiker schwierig. Aber jetzt haben wir das Glück, dass die Leute wieder zu unseren Konzerten kommen, dass einfach das Bedürfnis da ist, uns und diese Musik zu hören. Wir haben Menschen dabei, die unsere Programme fünf- oder sechsmal besuchen. Das gleiche Programm, in dem wir wirklich die gleichen Lieder spielen. Und da kann man sie immer wieder anhören.
Was ist bei euch dann der Song, ohne den euer Publikum euch nicht von der Bühne lässt?
Das Highlight unseres jetzigen Programms ist, wenn unser Peter, der aber eigentlich der Rainer ist, La Paloma in der Freddy-Quinn-Version singt. Und dann natürlich die Klassiker, „Zwei kleine Italiener“, „Itsy Bitsy“, „Marina“.
Dann wissen zumindest jetzt die Fans am Tegernsee einiger- maßen, was sie ganz sicher hören werden. Und vom Rest können sie sich einfach überraschen lassen. Aber wenn jetzt einer am Tegernsee dasitzt und sagt, ich würde jetzt gerne noch eine besondere Nummer aus den 50ern hören, macht ihr das auch mal spontan oder sprengt das euer Programm?
Während des Konzerts ruft normalerweise niemand dazwischen. Songwünsche oder Anregungen kommen eher im persönlichen Gespräch, wenn wir CDs verkaufen, in der Pause oder so. Ansonsten spielen wir schon einfach ein fixes Programm. Wir spielen aber auf allen möglichen Festen oder Galas. Und da kann es durchaus sein, wenn ein Wunsch da ist, dass man den spontan erfüllen kann. Aber, dass es ein schöner Abend wird, können wir den Besuchern am Tegernsee so oder so schon versprechen.
25. März 2023, 20 Uhr
Ludwig-Thoma-Saal
Tegernsee
Die Konzerte von Conny und die Sonntagsfahrer werden von drei Generationen besucht.
Foto: Stefan Vetter
Monopoly Tegernsee
Die Seeseiten-Redaktion hat die Tegernsee Edition von Monopoly getestet. Die ist in zweiter Auflage erschienen.