Der Sterne-Koch genießt, wieder "dahoam" zu sein

Thomas Kellermann: Gekommen, um zu kochen

„Eine Spitzenküche – einen Umweg wert!“. So definiert der Guide Michelin in seiner deutsch- sprachigen Ausgabe eine Empfehlung mit zwei Sternen. Mit einer solchen Auszeichnung dekoriert, wechselte der gebürtige Weilheimer Thomas Kellermann im Sommer als neuer Küchenchef in das Relais & Châteaux Park-Hotel Egerner Höfe in Rottach-Egern.

Interview: Christian Jakubetz

Die Brennerin vom Tegernsee

„Klar kann jeder kochen”, sagt Sterne Koch Thomas Kellermann.

Was Anlass genug wäre, viel, sehr viel sogar über Kellermanns Werdegang und seine Qualitäten als Starkoch zu schreiben. Auf der anderen Seite: Wir hatten da einfach mal ein paar Fragen – und wir haben eine ganze Reihe eher unerwarteter Antworten bekommen.

Herr Kellermann, die erste Frage stelle ich als sehr mäßig begabter Hobbykoch: Kann eigentlich jeder kochen?
Klar kann jeder kochen. Genauso, wie jeder auch einen individuellen Geschmack hat. Und eines ist auch immer das Gleiche, egal ob Profi oder Laie: Das Kochen beginnt beim Produkt. Die Ausgangssituation ist also erstmal bei beiden gleich.

Ok, und wo beginnt dann das „richtige“ Kochen? Das Kochen eines Profis? Wie definieren Sie denn professionelles Kochen?

(lacht) Sobald Sie anfangen, mit dem Kochen Geld zu verdienen, sind Sie ein Profi…

Geld verdient man in einer Pommesbude aber auch…
Naja, wenn es die Pommes schlechthin sind! Zwischen Pommes und Pommes ist ja schon nochmal ein Unterschied. Welches Gewürz Sie nehmen, wo und wie man sie zubereitet, das sind alles wesentliche Kleinigkeiten, die diesen Unterschied machen. Und dann sind Sie schon auch mittendrin im „professionellen“ Kochen.
Ich erkläre es immer so: Einmal für zwei oder vier Personen gut und liebe- voll zu kochen, das können viele. Aber das auf ein Geschäftsmodell auszuweiten, das ist nochmal eine ganz andere Sache. Da geht es ja nicht mehr nur ums Kochen. Sondern um Organisation und Strukturen.

Sie haben sich selbst mal als einen „modernen Traditionalisten“ bezeichnet. Was darf man sich denn darunter vorstellen?
Ich mag moderne Ansätze. Aber Traditionen und Gebräuche liegen mir sehr am Herzen. Wenn es mal so schmeckt, wie man es von früher in Erinnerung hat, dann ist es gut. Dann hat man eine Basis. Und diese Basis versuche ich mit modernen Akzenten anders und interessanter zu machen.

Noch ein Zitat von Ihnen: Sie haben mal gesagt, Sie bräuchten keine „überflüssigen Aufbauten“. Wie meinen Sie das?
Mein wichtigstes Kriterium ist: Es muss geschmacklich passen. Harmonisch und gut sein. Und dann erst denke ich über das Anrichten nach. Ich fange nie vorher an, einen Teller zu designen. Das kommt immer erst ganz am Schluss, wenn das Gericht wirklich passt.

Die Brennerin vom Tegernsee

Neue Heimat See: Thomas Kellermann hat mit dem Tegernsee keine Sekunde gefremdelt. Wie auch – als gebürtiger Oberbayer?

Bei Ihrer offiziellen Vorstellung in den „Egerner Höfen“ hieß es: Unser Thema heißt Heimat. Was bedeutet das für Sie?
Für mich heißt das erstmal: Ich bin zuhause in meiner Heimat. Ich bin hier groß geworden, ich verstehe die Sprache, die Mentalität, die Kultur. Und für uns in unserer Gastronomie bedeutet das, dass wir ein Ort zum Wohlfühlen sein wollen. Ein Ort, an dem sich Menschen buchstäblich heimisch fühlen. Es freut mich immer am meisten, wenn mir Gäste sagen, dass sie einen entspannten und schönen Abend hatten, der kulinarisch dennoch interessant war. Ich will den Gast schon fordern, aber nie überfordern.

Von Alfred Biolek stammt die Philosophie, er nehme beim Kochen vom Einfachen das Beste. Unterschreiben Sie das?
Nein, absolut nicht. Ich frage ab und zu junge, engagierte Köche gerne mal: Kannst du aus einem schlechten Apfel einen guten Apfelkuchen machen? Die Antwort ist ganz klar: nein. Wenn das Produkt nicht optimal ist, wird am Ende auch kein optimales Gericht rauskommen. Übrigens denke ich mir immer: Es gibt nichts Perfekteres als die Natur. Das sollte einem beim Kochen und auch beim Essen immer bewusst sein.

Im TV gibt es inzwischen jede Menge Kochshows. Ein Grauen für Sie?
Ganz ehrlich: Ich schaue keine Kochshows. Hauptsächlich deswegen, weil ich so wenig Zeit habe, dass ich mir dann lieber einen guten Film anschaue. Ich rede übrigens auch in meiner freien Zeit nicht so gerne und viel über Gastronomie. Aber wenn das jemand gut und gerne macht, dann habe ich damit überhaupt kein Problem. Ich selbst hatte zwar auch schon Gastauftritte, aber das ist wirklich sehr anstrengend, das muss man mögen und auch können.

Nach einer längeren Rundreise durch Deutschland sind sie jetzt wieder „dahoam“. Gekommen, um zu bleiben?
(lacht) Ja, ich hoffe doch! Ich bin jetzt in einem Alter, in dem man gerne an einem Ort verweilt. Ich fühle mich wohl, das ist ein positiver Ort für mich hier. Ich war viel unterwegs und jetzt bin ich wirklich froh, dass ich hier bin. Vermutlich muss man erst mal weg gewesen sein, um das zu schätzen, was man hier hat.

Die Brennerin vom Tegernsee

Gourmetrestaurant Dichterstub’n
Relais & Châteaux Park-Hotel Egerner Höfe am Tegernsee
Aribostraße 19–26
83700 Rottach-Egern

Seeseiten, Herbst 2018.