Franz Josef Unterlechner im Portrait
Ein Mann greift nach dem Stern
Der Küchenchef vom „Bachmair Weissach“ hat die TV-Show „Top Chef“ auf SAT1 gewonnen. Dabei hat Franz Josef Unterlechner ganz andere Ambitionen, wenn es ums Kochen geht: Das große Ziel ist ein Stern.
Text: Christian Jakubetz
Natürlich mögen sie es bei einem privaten TV-Sender wie SAT1 gerne etwas größer, zumindest, was die Titulierung von Dingen angeht. Aus dem Starkoch Eckart Witzigmann wird dort der “Jahrhundertkoch” und bei der Ankündigung der Sendung “Top Chef” darf der Hinweis nicht fehlen, dass es sich dabei um ein weltweit erfolgreiches Format handelt. In etlichen Ländern wurde die Show bereits gesendet, in Deutschland war 2019 Premiere. Dabei war Witzigmann. Und Franz Josef Unterlechner.
An einem sonnigen Tag im Spätsommer ist die Show vorbei, Unterlechner ist jetzt wieder zurück. Ein bisschen was erinnert dennoch noch an die Show-Tage, weil an diesem Tag auch Eckart Witzigmann im Bachmair Weissach sitzt. Als Gast natürlich, aber ebenso als jemand, der dafür gesorgt hat, dass Franz Josef Unterlechner die Deutschland-Premiere dieser Kochshow bei SAT1 gewonnen hat. Ganz offensichtlich hat der Küchenchef des Hotels den Jahrhundertkoch Witzigmann und die anderen Juroren (Zwei-Sterne-Koch Peter Maria Schnurr sowie Foodkritikerin Alexandra Kilian) ziemlich beeindruckt. Sonst würde der Juror und Starkoch kaum zu Gast sein beim Ex-Teilnehmer seiner Show. Für Unterlechner hingegen ist „Top Chef“ Vergangenheit. Stattdessen geht er wieder ganz darin auf, seine Gäste zu verwöhnen, Witzigmann ebenso wie alle anderen.
Überhaupt, die Sache mit dem „Top Chef“: Dass er andere Ambitionen hat als die eines Stars in TV-Kochshows, daraus macht Unterlechner kein Hehl. Der Sieg in einer solchen Show ist „eine Einzelleistung“. Aber Unterlechner würde gerne als Chef eines Teams, als echter „Küchenchef“ eben wahrgenommen werden. Als einer der besten, die es gibt. Kochen, das ist, so abgedroschen es klingt, für Unterlechner Berufung statt Beruf. Fast sein ganzes Leben hat er mit dem Thema Kochen verbracht, etwas anderes kommt für ihn nicht in Frage. Und das mit entsprechendem Ehrgeiz: Ja, einen Stern, den hätte er schon gerne, darauf “arbeite ich hin”.
Bei der SAT1-Show „Top Chef“ waren die unterschiedlichsten Qualitäten gefragt. Am Ende setzte sich Franz Josef Unterlechner gegen eine starke Konkurrenz durch.
Nachvollziehbar, wenn man die Welt der Spitzenköche kennt: Ein Sieg in einer TV-Show ist schon was. Aber ein Stern ist ein Stern. Wie wichtig wäre so ein Stern für ihn, ist demnach eine naheliegende Frage. Die Antwort kommt ohne Zögern: „Wichtig, sehr wichtig.“ Nicht aus Eitelkeit, sondern als Bestätigung von Konstanz: „Ich koche jetzt viele Jahre auf diesem hohen Niveau, nicht nur ab und zu. Kontinuierlich, seit meiner Lehre eigentlich.“ Und wenn man dann irgendwann Küchenchef sei und dieses „High-End- Niveau“ erreicht hat, dann „will man diese Auszeichnung natürlich haben“.
Schon in der Lehre wollte er der Beste sein
Wobei “viele Jahre” relativ ist, nach wie vor ist Unterlechner ja gerade mal ein Mittdreißiger. Trotzdem: Nachdem er schon in seiner Lehre mit der “Haute Cuisine” in Berührung gekommen war, war auch der Antrieb schnell da, Außergewöhnliches zu kochen. Einen gewissen Grund-Ehrgeiz hat Unterlechner schon damals an sich entdeckt: „In der Lehre oder auch in der Schule, ich wollte da schon der Beste sein.” Daraus wurde Motivation, danach der Wunsch, Besonderes zu leisten und dies in Auszeichnungen widergespiegelt zu sehen. Spitzenköche sind eben auch nicht anders als Spitzensportler. Bei dem Vergleich schmunzelt Unterlechner erst – und räumt dann ein: Ja, da gebe es schon Ähnlichkeiten. Die starke Fixiertheit auf ein Ziel beispielsweise, die außergewöhnliche Leistungsbereitschaft. Nur mit dem Ego, das man Top-Sportlern gerne nachsagt, hat Unterlechner Probleme: „In meiner Küche kommt es ganz, ganz stark auf das Team an.” Keine Phrase übrigens, wer jemals in einer echten Top-Küche gestanden ist, der weiß, dass dort jeder Einzelne zählt. Und, letzte Analogie in diesem Text: Den berüchtigten “Wasserträger” aus dem Fußball gibt es dort nicht. “Kochen ist ein Mannschaftssport”, sagt Franz Josef Unterlechner.
Eine Frage von Leidenschaft und Begeisterung
Dabei ist Kochen nichts, was nicht jeder könnte. Das räumt auch Deutschlands neuer Top-Chef ein. Den Unterschied macht aus seiner Sicht anderes aus: “Die Frage ist, wie viel Leidenschaft, Ehrgeiz und Begeisterung man dafür entwickelt.” Dabei gehört für Unterlechner in eine gute Küche nicht nur die “perfekte handwerkliche Arbeit”. Stattdessen beginnt ein gutes Gericht schon beim Einkauf, bei frischen und hochwertigen Zutaten. „Mit gut eingekauften Produkten“, ist sich Unterlechner sicher, „hat man schon 50 Prozent des guten Geschmacks erreicht.“ Das „perfekte Handwerk“ hat für Unterlechner viel mit der Liebe zum Detail zu tun: Der Unterschied zwischen sehr gut und perfekt entsteht eben erst, wenn man auch die Kleinigkeiten im Auge hat. Zu diesen vermeintlichen Kleinigkeiten gehört – nicht verwunderlich bei jemandem, der in einer TV-Show auch durch die Optik seiner Kreationen überzeugte – eine entsprechend liebevolle Präsentation des Gerichts. Wie es so schön heißt: Das Auge isst mit. Und dieses Auge hat möglicherweise in einer ausgezeichneten Küche noch mal ganz andere Ansprüche.
Eine rote Ampel spielt Schicksal
Wie kommt man als Spitzenkoch aus dem Tegernseer Tal darauf, ins Fernsehen zu gehen? Die Idee zur Teilnahme an der SAT1-Show entstand – man glaubt es kaum – an einer roten Ampel in Bad Wiessee. Während des Wartens kramt Unterlechner schnell sein Handy aus der Tasche, checkt mal eben Facebook – und sieht dort: Neue Kochshow bei SAT 1! Eckart Witzigmann sucht Leute, coole Geschichte – und noch bevor die Ampel wieder auf Grün springt, weiß Unterlechner: Da bewerbe ich mich!
In den TV-Studios in Babelsberg wollte und musste sich Franz Josef Unterlechner nicht groß verbiegen: “Während der Shows war der Druck schon gewaltig groß, da habe ich einfach immer das gemacht, was ich am besten kann. „Einfach gut kochen, keine spektakuläre Show. Klingt so einfach, ist es aber nicht. Trotzdem: Am Ende reichte es für den Sieg. Gegen Mitbewerber, die ebenfalls alle das Attribut “Spitzenkoch” tragen. Dementsprechend knifflig waren dann auch die Aufgaben: kochen ganz ohne elektrische Hilfsmittel bei einer “Grill-Challenge” oder das “blinde” Erraten von Zutaten in einem fertigen Raue-Gericht, um das dann mal eben nachzukochen.
Unterlechner profitiert inzwischen auch an seinem “Stammsitz” im Bachmair Weissach von seiner frischen TV-Prominenz. “Da kommen schon mal Leute extra hierhin, weil sie mich in der Show gesehen haben”, freut er sich. Und auch von denen, die nicht eigens wegen ihm kommen, wird er jetzt öfter erkannt.
Die Zukunft? Weg vom Tegernsee, rein in eine TV-Karriere? Bei der Vorstellung muss Unterlechner lachen: „Ich bin kein Fernsehstar und will auch keiner werden.“ Selbst wenn er etwaigen künftigen Anfragen nicht völlig ablehnend gegenübersteht, eines ist für ihn klar: Sein Leben findet in einer Küche statt, nicht in einem TV-Studio.
ZUR PERSON
Franz Josef Unterlechner
Kochen lernte Franz Josef Unterlechner im “Lenbach” bei Ali Güngörmüs, Küchenmeister wurde er 2010 nach Abschluss der “Steigenberger Akademie” in Bad Reichenhall. Auf seinem Weg zum Spitzenkoch stellte er seine Künste unter Beweis im Restaurant “Überfahrt” (3 Sterne, 19,5 Punkte Gault & Millau) unter Christian Jürgens und im “Königshof” (1 Stern, 18 Punkte Gault & Millau) unter Martin Fauster. Im Bachmair Weissach Spa & Resort trägt er die Verantwortung für das gesamte gastronomische Angebot – vom traditionsreichen Gasthof zur Weissach, der japanischen MIZU SUSHI Bar, der gemütlichen Kreuther Fondue Stube, dem Berghotel Altes Wallberghaus, dem Thai Stüberl (im Hotel Bussi Baby) bis hin zum Bankettbereich mit der größten Veranstaltungslocation im Voralpenland – der Bachmair Weissach Arena.
Den Sieg bei “Top Chef” holte sich Franz Josef Unterlechner mit folgendem Menü:
Vorspeise: Rote Garnele, Avocado-Apfel-Tartar mit Gewürzkarotten-Sud und Krustentier Gelee
Hauptgang: Gegrilltes Milchlamm mit konfierter Aubergine, Bohnen, orientalischem Couscous und Raita, Purple Curry
Dessert: Getränkter Savarin mit Himbeeren, Sauerrahmeis und Basilikum
Franz Josef Unterlechner sorgt für kulinarische Vielfalt in den Restaurants des Hotel Bachmair Weissach – wie hier im Gasthof zur Weissach.
Seeseiten, Herbst 2019.
Was tun Sie gerade, …?
Die Keramikerin Monika Ulbrichtbetreibt die gleichnamige Werkstatt am Tegernsee in vierter Generation.