Susanne Wiesner
Multitalent vom Tegernsee
Sie ist Musikerin. Schauspielerin. Mode-Designerin. Außerdem Moderatorin. Unternehmerin. Und: Ehefrau und Mutter. Wer sich Susanne Wiesner allerdings als eine Frau mit klarem Karriereplan vorstellt, liegt falsch. Begegnung mit einer Frau, deren ungewöhnliches Leben vor allem auf einem einfachen Prinzip fußt: keine Pläne, stattdessen einfach machen.
Text: Christian Jakubetz
Model in eigener Sache: Susi Wiesner hat gemeinsam mit ihrer Schwester auch ihr eigenes Trachtenlabel BellaSusi ins Leben gerufen.
Foto: Florian Bachmaier
Wenn man versucht, Susi Wiesner zu beschreiben, ist die Phrasen-Gefahr beträchtlich. Zumal man bei fast jedem Begriff, den man mit ihr verbinden würde, sofort unter Klischee-Verdacht gerät.
Versuchen wir es also mal so: Man kann sich kaum vorstellen, dass diese Frau irgendwann am Tag mal stillsitzt. Dass sie ihre ganzen Talente und Beschäftigungen in den regulären 24 Stunden eines Tages unterbringt, auch nicht.
Wenn man sich die 31-jährige Rottacherin jetzt als eine Art Duracell-Häschen unter Dauerstrom vorstellt: falsch gedacht. Man begegnet stattdessen einer Frau, die verblüffend entspannt ist, zumindest angesichts der Tatsache, dass andere Menschen mit diesem Pensum vermutlich eine bedrückende Aura der Hektik verströmen würden. Stattdessen eine pragmatische Selbsteinschätzung: „Andere junge Frauen und Mütter haben einen genauso anstrengenden Tag wie ich.“
Dabei hätte das Leben der Susanne Wiesner gar nicht so kommen sollen und eigentlich auch nicht dürfen.
Wenn allerdings der Satz zutreffen sollte, dass das Leben das ist, was passiert, während man gerade andere Pläne macht, dann ist er vermutlich für Susanne Wiesner ausgedacht worden. Denn wäre alles so gelaufen wie geplant, dann wäre sie jetzt: Grundschul-Lehrerin. Ein entsprechendes Studium hat sie vorzuweisen und dass es nicht so gekommen ist, ist bedauerlich für die Kinder. Einerseits. Auf der anderen Seite: Es hätte etliche Volksmusik-Sendungen weniger im BR gegeben, zuzüglich einer Serie. Und noch viele andere Dinge, weswegen man vermutlich mit gutem Gewissen sagen kann: Dass es keine Lehrerin Frau Wiesner gibt, ist schon gut so wie es ist.
Ihre Stärke? Unbekümmert drauflos!
Die Moderatorinnen-Karriere der Susi Wiesner ist exemplarisch, wenn schon nicht für ihr ganzes, dann zumindest für ihr halbes Leben. Weil sie entgegen vielen Wahrscheinlichkeiten verlaufen ist. Weder hatte sie beim Einstieg irgendwas vorzuweisen, was auch nur halbwegs nach einer Art Moderations-Ausbildung aussah. Und erst das Alter, dieses jugendliche Alter! Natürlich gibt es kein irgendwo festgelegtes Mindestalter für Moderatorinnen von Volksmusik-Sendungen. Aber weder erwartet man eine damals 20-Jährige, noch sieht man sie in diesem Genre allzu oft. Seit elf Jahren moderiert sie jetzt „Zsammg’spuit“ und den „Wiesn-Frühschoppen“ im Bayerischen Fernsehen, ein Ende ist nicht in Sicht.
Susanne Wiesner in der Rolle der Julia in der BR-Erfolgsfernsehserie „3 Frauen, 1 Auto“. Zusammen mit Luise Kinseher (als Birgit) und Angela Ascher (als Christl) bilden die drei Schauspielerinnen die lustigste Fahrgemeinschaft Bayerns.
Foto: BR, Bavaria Friction GmbH
Wenn man also zwischendrin wieder versuchen würde, Susi Wiesner zu beschreiben, man käme auf zwei Begriffe, die es treffen: unbekümmert und komplett naturbelassen (der Begriff ist deutlich schöner als das phrasenhafte „authentisch“). Vermutlich muss man so sein, wenn man sich einfach auf Bühnen stellt und mal macht. Man kann diese völlige Angst-Befreitheit ja auch durchaus als Stärke sehen.
Doch halt, bevor Sie jetzt etwas Falsches denken: Man darf Spontaneität, Autodidaktik und Begeisterungsfähigkeit für etwas Neues nicht verwechseln mit Dilettantismus. Das, was Susi Wiesner macht, macht sie professionell. Mit dem Ehrgeiz, richtig gut zu sein in dem, was man tut. Und natürlich hat sie viele ihrer Tätigkeiten ordentlich „gelernt“, manche mit klassischen Ausbildungen, manche im Do-it-yourself-Verfahren. Ein paar Beispiele: Master-Studiengang Musik- und Bewegungserziehung am Carl-Orff-Institut unter dem Dach der Universität Salzburg. Zwei Jahre klassischen Gesangsunterricht in der Stimmlage Sopran und Unterricht auf mehreren Instrumenten.
Das alles führt dazu, dass auch in den verschiedenen Genres ihrer Arbeit die unterschiedlichsten Ausprägungen zu finden sind. Als Schauspielerin hat man sie im Brandner Kasper genauso gesehen wie in einem klassischen Komödienstadel oder einer Daily Comedy im BR. Die Musikerin Wiesner wiederum spielt mit ihren „Perlseer Dirndln“ eigene Auftritte genauso wie sie als Sängerinnen auf diversen Produktionen von André Rieu zu hören sind. Und auch als Unternehmerin begnügt sie sich nicht mit einem Projekt. Neben einem eigenen Dirndl-Label gemeinsam mit ihrer Schwester ist sie auch noch an der Hutmacherei ihres Mannes Martin Wiesner im Voitlhof in Rottach-Egern beteiligt.
Muss man dazu sagen, dass sie für die eigenen Kollektionen modelt? Man sieht sie immer wieder auf Fotos, auch auf der Titelseite der “Seeseiten” war sie vor ein paar Jahren.
Die Entstehungsgeschichte ihres Einstiegs erzählt womöglich prototypisch die Geschichte der Susanne Wiesner. Von Hüten hatte sie in ihrem Leben vor Martin Wiesner so viel oder eben so wenig Ahnung wie alle anderen auch. Irgendwann war da bei ihr der Wunsch, „mehr darüber zu wissen, was mein Mann jeden Tag macht“. Und wenn sie was macht, dann richtig. Was dazu führt, dass sie im Geschäft in der „Zotzn“ mehr oder weniger unentbehrlich geworden ist, auch wenn sie selbst das vermutlich dezent abstreiten würde.
Dirndl, Hutmode, Musik, Schauspiel, wann lernt man das denn alles, Frau Wiesner? „Ich möchte das ja alles wissen, wie das geht, wie man das macht“, sagt sie in einem derart glasklaren Oberbayerisch, dass man meinen könnte, dass sie das auch noch trainiert hat. „Und wenn ich das einfach wissen will, dann ist das ja kein Lernen, zumindest empfinde ich das nicht so.” Neugier und Begeisterung also als Motivation. Worüber andere erst mal ganze Ratgeberbücher lesen müssen, das liegt ihr einfach im Blut, es gibt schlechtere Eigenschaften. Ihr Wissen über Hüte beispielsweise hat sie u.a. aus Besuchen bei Zulieferern in Portugal oder im Allgäu: „Man schaut sich das alles ein bisschen genauer an“, erzählt sie, „und dann weiß man schon wieder mehr über das Ganze.“
Drei Stimmen, eine Leidenschaft: die Perlseer Dirndl. Susanne Wiesner singt dort die zweite Stimme und spielt Geige.
Foto: Dominik Schachten
Fünf ihrer sieben Geschwister sind Schauspieler
Bei der Schauspielerei und der Musik liegen die Dinge etwas anders. Nicht, dass sie dort nicht auch von Neugier und Begeisterung getrieben ist. Allerdings liegen Musik und Schauspiel quasi in der Familie. Susanne Wiesner, geborene Brückner, kommt nämlich aus einer Schauspieler-Familie, fünf ihrer sieben Geschwister gehen diesem Beruf nach. Ihr Bruder Maximilian Brückner dürfte der bekannteste unter ihnen sein; zuletzt war er in dem ZDF-Fernsehfilm „Die Wannseekonferenz“ zu sehen.
Dabei war der erste Zugang der Brückner-Kinder zu bayerischer Musik und Kultur eher einer Art Integrationsmaßnahme geschuldet. Weil die Familie nämlich von München aus in den Chiemgau zog, hielten es die Eltern für eine gute Idee, ihre Kinder mit dem dortigen Brauchtum vertraut zu machen. Für Susanne, 1991 in Prien am Chiemsee geboren, gab es gar nichts anderes: Als Vierjährige erste Auftritte in einem Krippenspiel am Prinzregententheater und am Münchner Volkstheater, da ist der Weg auf die Bühne vorgezeichnet.
Wenn man es dann nochmal zusammenrechnet: Schauspielerin, Musikerin, Moderatorin, Unternehmerin mit einem mittelständischen Betrieb („Unser Steuerberater nennt das zumindest so“), Ehefrau, Mutter – in einen handelsüblichen 24-Stunden-Tag passt das eigentlich nicht rein. Warum geht das dann bei Susanne Wiesner anscheinend doch? „Ich mache das ja nicht alles auf einmal“, lacht sie. Stattdessen kommen und gehen die einzelnen Projekte in verschiedenen Phasen: mal ein Schauspielprojekt, dann wieder Musik oder die Moderationen. Man braucht also einen „guten Kalender“, Mitarbeiterinnen, die ihr auch mal den Rücken freihalten – und ja, inzwischen auch das: „Ich sage immer wieder mal etwas ab, weil ich das einfach nicht alles machen kann.“ Zumal sie bei alldem eine klare Priorität hat: „Ich arbeite hauptsächlich vormittags, am Nachmittag möchte ich Mama sein.“
Und überhaupt, ganz so ungewöhnlinch findet sie ihr Pensum gar nicht. Andere Mütter hätten schließlich auch ein vollgestopftes Tagesprogramm. „Frauen müssen halt viel unter einen Hut bringen“, sagt sie, entspannt wie eh und je. Der vierjährige Sohnemann wird es ihr danken – und ihr wiederum ist klar: „Ich habe halt jetzt gerade im Moment ein kleines Kind, das will ich schon bewusst mitnehmen.“
Ihr Plan ist: keinen Plan haben
Vom gewesenen Fußballer Mehmet Scholl existiert das Bonmot: „Gerade mal 25 und schon keine Ziele mehr im Leben“ (nach dem Gewinn der Europameisterschaft). Ganz so extrem ist es bei Susi Wiesner nicht. Aber die Frage drängt sich schon auf: Mit 31 so viel erreicht, welche Ziele kommen danach, gibt es Pläne? Ein fröhliches Lachen beim Gegenüber: „Ich bin gar nicht der Typ für lange Pläne.“ Ihre feste Überzeugung: So wie es kommen soll, kommt es dann auch. Geht man positiv durchs Leben und ist für alles offen, dann komme auch viel Gutes. Nochmal ein kurzes Lachen: „Ist jetzt aber überhaupt nicht esoterisch gemeint.“ Vielmehr ein Erfahrungswert: „Das war bei mir und meinem Mann bisher immer so.“ Davon abgesehen hat der Verzicht auf Pläne, Ziele und Erwartungen auch noch einen anderen Hintergrund: „Ich mag mich nicht selbst enttäuschen. Alles, was jetzt noch dazu kommt, da denke ich mir: Wow, cool. Aber es ist ja jetzt schon alles ziemlich cool, was ich mache.“
Dann ist Mittag, Schluss mit dem Gespräch. Und Zeit, dass die Unternehmerin, Musikerin, Schauspielerin, Moderatorin in ihre Mutter-Rolle schlüpft.
Neugierig geworden auf das Multitalent vom Tegernsee?
Wer Susanne Wiesner live erleben möchte, hat bei einem Auftritt der Perlseer Gelegenheit dazu. Die Perlseer sind: Michaela Brückner (Gesang; Harfe), Susanne Wiesner (Gesang; Geige), Christina Maier (Gesang; Klarinette)
Seit über 20 Jahren bestimmt die gemeinsame Begeisterung für die traditionelle lateinamerikanische und insbesondere kubanische Musik das Geschehen der Band „Trovasur“ aus dem Tegernseer Tal. Infolge eines Projektes mit dem Wiesseer Salonorchester ist Thomas Rebensburg 2021 als festes Mitglied zur Band gestoßen.
Perlseer & Trovasur – „Music travels“
Sa, 2. Juli, 20.00 Uhr, Seepromenade Ortsmitte am Pavillon Bad Wiessee
“Ich bin nicht der Typ für lange Pläne.”
Foto: Susanne Wiesner privat
Tegernsee Phantastisch
Tegernsee Phantastisch heißt die neue Indoor-Attraktion am Tegernsee für die ganze Familie.